Joe Cocker krönt Rekord-Festival

Packend ehrliches Schlusskonzert bei Bluetone in Straubing

Passauer Neue Presse Feuilleton / 23. Juli 2013

Seine Stimme klingt, als wäre damit eine Handvoll Kieselsteine glatt geschmirgelt worden. Herb, rau und verwegen kratzen die Vokale im Mundraum, alles ist Kehle, wenn er schreit und alles rasselndes Stimmband, wenn er singt. Seit über 40 Jahren sind diese Stimme und ihr Besitzer Joe Cocker Kult, sie haben Woodstock überlebt, Drogen, Exzesse, Selbstzerstörung und ein knapp halbes Jahrhundert Rockgeschichte.

An die 4000 Menschen warten am Sonntagabend im Bluetone-Zelt in Straubing, sie johlen, fiebern und stampfen, sind meist mittleren Alters und stehen da im Etuikleid samt Perlenkette oder in zerrissener Jeans. Als Joe Cocker dann kommt, könnte er sich betten im Jubel und den Rest dem Mythos überlassen. Pathos aber liegt ihm nicht und so gibt es keinen Honig um den Mund, keine austauschbaren Dankesworte und keine Moderation. Hier gibt es nur noch einen Mann, eine Band, ein Mikrophon und eine Stimme. In die Worte, die Joe Cocker dann hervorstößt, die er zornig herauspresst, ergriffen stöhnt oder brüchig flüstert, legt er alles, was er zu bieten hat: Eine Präsenz und Direktheit, die jede Diskussion über Autorität sofort verbieten. Eine Intensität, die reich an schwarzer Blues-Färbung auch Klassiker wie ‚Come together‘ oder ‚N’oubliez jamais‘ neu hören lässt. Eine Verletzlichkeit, die den Liebespaaren im Publikum bei ‚You are so beautiful‘ die Tränen in die Augen treibt. Und eine lakonische Reife, die nicht weniger als das gesamte Leben in sich trägt. Dicht und von selbstverständlichem Groove ist das Spiel seiner acht Mann starken Band, die mit der Doppel-Besetzung von Keyboard plus Hammondorgel samt Percussion eine fette Klangbasis schafft, über der sich Bläser, Gitarre, die Sängerinnen und Cockers Stimme treffen. In spannenden Arrangements rastet der Grundpuls ein, mischen sich Soul, Blues und Rock-Elemente und kommen bei den neuen Songs seines Albums „Fire It Up“ wärmere, weichere Farbtöne ins Spiel. Mit dem Charme eines geläuterten Haudegens streichelt Joe Cocker die Seele seiner Hörer. Er ist nie gefällig und selten gezähmt, er kämpft meist erfolgreich um seine Stimme und trotzt dem strömenden Schweiß. Am Ende ist es diese Ehrlichkeit, die einen packt und überwältigt. Und die Kieselstein-Stimme natürlich.