NZZ / August 2025
Einen kühlen Kopf zu bewahren, schadet bekanntlich nicht, doch es gibt Orte, die auch den distanziertesten Zeitgenossen in Windeseile zum Romantiker mutieren lassen. Die Arena di Verona ist so ein Ort und die Realität toppt hier jedes Klischee. Schon von weitem ist der Zauber der größten Freilichtbühne der Welt zu erahnen. Ein Schwirren und Raunen liegt in der Luft in den verwinkelten Gassen Veronas und der angeblich „italienischste Ort auf Erden“ macht seinem Titel alle Ehre. Die Sommerhitze liegt schwer in der Luft, es geht vorbei an efeubewachsenen Balkonen, malerisch-bröckelnden Hausfassaden und nimmermüden Souvenir-Verkäufern, auf der einen Seite türmen sich in der Eisdiele cremig-süße Sorten in grellen Farben, auf der anderen Seite servieren befrackte Kellner Vino und Pasta, reiben Parmesan und verteilen Olivenöl auf den Tischen. Immer dichter wird der Strom der Menschen auf den engen Wegen, Damen in extravaganten Sommerkleidern flanieren neben Touristen im weit aufgeknöpften Leinenhemd, Kinder wuseln zwischen den Beinen ihrer Eltern hindurch und irgendwo singt jemand „O sole mio“. Noch einmal ums Eck gebogen, dann liegt sie vor einem: Die Arena di Verona, jener Ort, an dem seit mittlerweile über 100 Jahren Operngeschichte geschrieben wird und Magie und Massentourismus Hand in Hand gehen...